WiYou 05/2013 - Forum Berufsstart - page 12

WiYou . Wirtschaft und Du . Ausgabe 5­2013
Foto: Deutsche Bahn
Titel
12
Berlin Ostbahnhof, kurz vor sechs Uhr morgens.
Arbeitsbeginn für Melanie.
Sie trifft sich mit ihren Kollegen in der Meldestelle für das Zugpersonal und
bekommt dort den Einsatzplan für den Tag. „Ich weiß meist schon vorher, wo­
hin ich fahre, nur nicht, mit welchem Team.“ Zu so einem Team gehören in der
Regel drei Personen: ein Zugchef, ein Bordrestaurantleiter und ein Steward.
Heute geht es für Melanie und ihre Kollegen auf eine Tagestour nach Köln und
zurück, also zweimal quer durch Deutschland. Der Zug steht schon bereit.
Einsteigen darf aber erstmal nur das Personal. „Als erstes schauen wir nach,
ob in Restaurant, Bistro und Küche alles sauber und in Ordnung ist. Dann neh­
men wir die Speisen und Getränke für die Fahrt entgegen. Da im Zug nicht ge­
kocht, sondern nur erwärmt werden darf, bekommen wir das meiste nämlich
fertig geliefert. Nur Salate und kleine Snacks stellen wir selbst her.“ Das ist zum
Beispiel Melanies Aufgabe, wenn sie für die Küche eingeteilt ist. „Dabei hat
man kaum Kontakt zum Gast. Deshalb bin ich lieber im Bistro, wo ich Speisen
und Getränke über eine Theke ausgebe und die Standkasse betreue oder im
Bordrestaurant, um die Fahrgäste zu bedienen, Bestellungen aufzunehmen,
zu servieren und zu kassieren. Allerdings ist das auch nicht immer leicht, wenn
beispielsweise ein Fahrgast wegen einer Verspätung verärgert ist oder findet,
dass der Kaffee zu viel kostet.“ Melanie darf die Launen verärgerter Fahrgäste
nicht persönlich nehmen. Zur Ausbildung gehört auch ein Seminar zur sozialen
Methodenkompetenz. „Da lerne ich, wie ich mich in angespannten Situatio­
nen richtig verhalte und auch, wie man gut im Team arbeitet.“ Ein gewisses
Maß an Kommunikationsfähigkeit und Freude im Umgang mit Menschen müs­
se man für diesen Beruf einfach mitbringen. Ansonsten sei Englisch sehr wich­
tig. „Alle anderen Sprachen sind zwar manchmal sehr nützlich, aber nicht not­
wendig. Im Gegensatz zu den Grundrechenarten. Beim Bedienen und Abkas­
sieren muss man das Rückgeld auch mal fix im Kopf ausrechnen, selbst wenn
gerade richtig Stress ist und es alle eilig haben. Aber da fuchst man sich mit
der Zeit rein.“ Das, was die sonstigen Grundlagen des Gastgewerbes betrifft,
lernt Melanie in der Berufschule. „Ich brauche nicht alles, was ich dort lerne,
für meine Arbeit bei der Bahn. Ein Bordrestaurant unterscheidet sich schon
ein bisschen von einem normalen Restaurant. Aber auch wenn ich hier keinen
Fisch filetieren oder eine große Tafel decken muss, zumindest für die Prüfung
sollte ich auch das beherrschen. Außerdem könnte ich als Fachkraft im
Gastgewerbe so später auch aufs ’Festland’ wechseln und zum Beispiel in ei­
nem Hotel arbeiten.“ Geplant sei das aber erstmal nicht. Melanie wird bei der
Bahn bleiben. Sie möchte ihre Ausbildung um ein Jahr verlängern und den
Abschluss als Fachfrau für Systemgastronomie anschließen.
„Ich wollte immer einen Beruf, bei dem ich nicht nur am Schreibtisch sitze,
sondern viel mit anderen Menschen zu tun habe.
Das passt hier perfekt, auch
wenn es zum Teil sehr anstrengend ist. Bei längeren Touren dauert mein
Arbeitstag zehn bis elf Stunden oder ich fahre Übernachtungstouren und kom­
me gar nicht nach Hause.“ Melanie bekommt dabei selten mehr zu sehen als
Züge, Bahnhöfe und Hotels. „Das stört mich aber nicht, genauso wenig, wie
die Aussicht, später auch nachts und am Wochenende arbeiten zu müssen.
Das gehört bei der Bahn eben dazu.“ Jetzt aber erstmal alles einsteigen bitte,
die Türen schließen automatisch. Vorsicht bei der Abfahrt! (mü)
„Sehr geehrte Fahrgäste, auf Gleis neun fährt ein der ICE“ … mit Melanie an Bord. Und zwar täglich. Nicht, weil Melanie vergessen hat, auszusteigen, sondern
weil sie beruflich „im Zug“ ist. Als angehende Fachkraft im Gastgewerbe bei der Deutschen Bahn ist die 19­Jährige seit über einem Jahr unterwegs auf dem
Schienennetz der Bundesrepublik und sorgt dafür, dass den Fahrgästen unterwegs nicht der Magen knurrt oder die Cola ausgeht.
Zum Ausschneiden und Abheften in deinem Berufswahlpass.
Fachkräfte im Gastgewerbe bedienen Gäste im
Restaurant, bereiten Veranstaltungen vor, bauen
Büfetts auf, richten Hotelzimmer her, kümmern
sich um die Wäsche und übernehmen Tätigkeiten
in der Küche.
Dauer: 2 Jahre
Voraussetzungen: gute Kommunikationsfähig­
keit, körperliche Fitness, serviceorientiertes
Arbeiten, Bereitschaft zu Nacht­ und Wochen­
endarbeit
Chancen: Mit einem guten Abschluss
besteht die Möglichkeit, ein weiteres
Jahr Ausbildung anzuschließen und
Fachmann für Hotel, Restaurant oder
Systemgastronomie zu werden.
Fachkraft im
Gastgewerbe
(m/w)
Zügig serviert
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